Rentenbenachteiligung jüdischer Zuwander*innen beenden

Seit 1991 haben mehr als 200 000 jüdische Zuwander*innen und ihre Familienangehörigen aus den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion in Deutschland eine neue Heimat gefunden. Die Entscheidung der Bundesrepublik Deutschland, jüdische Zuwanderung aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu ermöglichen, basiert auf unserer besonderen historischen Verantwortung Jüdinnen und Juden gegenüber. Jüdische Zuwander*innen sind eine große Bereicherung für Deutschland. Vielen Zuwander*innen ist es gelungen, sich ein gutes Leben in Deutschland aufzubauen, und sie haben das Gemeindeleben vieler jüdischer Gemeinden in Deutschland neu belebt. Allerdings befinden sich viele in einer schwierigen Lage hinsichtlich ihrer materiellen Situation im Alter.

Aufgrund fehlender Sozialversicherungsabkommen mit Russland oder den meisten anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion werden Beitragszeiten bzw. Rentenansprüche aus der Zeit vor der Auswanderung nach Deutschland nicht anerkannt. Dies betrifft vor allem Personen, die bei der Einwanderung bereits ein fortgeschrittenes Alter erreicht hatten.

Verglichen mit Spätaussiedler*innen (nach § 4 Bundesvertriebenengesetz) aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion werden jüdische Zuwander*innen rentenrechtlich anders behandelt: Die in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion bzw. der Sowjetunion selbst zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten werden für Spätaussiedler*innen bei der Rentenberechnung in Deutschland berücksichtigt, nicht aber für jüdische Zuwander*innen. Dadurch erhalten jüdische Zuwander*innen aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion oft keinerlei Leistungen zur Alterssicherung aus ihren Herkunftsstaaten. Zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes sind sie dann auf die Leistungen der Grundsicherung angewiesen.

Diese Diskriminierung muss schnellstmöglich behoben und eine Verbesserung der finanziellen Situation der oft bereits hochbetagten jüdischen Zuwander*innen zügig erreicht werden.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, sich auf Bundesebene schnellstmöglich dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung zügig geeignete Maßnahmen ergreift, um die Alterssicherung jüdischer Zuwander*innen (ehemalig sog. Kontingentflüchtlinge) zu verbessern. Dabei sollten folgende Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, wobei sicherzustellen ist, dass die Maßnahmen aus Steuermitteln finanziert werden:

1. Bis zum Ende des Jahres 2020 muss der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigte Härtefallfond für jüdische Zuwander*innen eingerichtet und die notwendigen Sozialversicherungsabkommen mit den betroffenen Nachfolgestaaten der Sowjetunion vereinbart werden, um einen rückwirkenden Ausgleich über Alterssicherungsleistungen zu erzielen.
2. Ergänzend oder bei nicht Umsetzung der unter Beschlusspunkt 1 genannten Maßnahmen erfolgt eine rentenrechtliche Gleichstellung der jüdischen Zuwander*innen mit Spätaussiedler*innen (nach § 4
Bundesvertriebenengesetz) und eine entsprechende Änderung des Fremdrentengesetzes.

Dr. Henrike Müller, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen
Birgitt Pfeiffer, Valentina Tuchel, Antje Grotheer, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Sofia Leonidakis, Olaf Zimmer, Cindi Tuncel, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE
Claas Rohmeyer, Dr. Thomas vom Bruch, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU
Dr. Magnus Buhlert, Lencke Wischhusen und Fraktion der FDP