Den Angriff der Türkei in Syrien sofort stoppen! - Für ein friedvolles Zusammenleben statt militärischer Gewalt

Am 9. Oktober 2019 ist das türkische Militär völkerrechtswidrig in den Nordosten Syriens einmarschiert. Mit dieser Offensive verursacht die Türkei eine humanitäre Katastrophe. Viele der dort bislang Lebenden Kurd*innen, Araber*innen, Turkmen*innen, christliche Aramäer*innen/Assyrer*innen und Yezid*innen sind bereits auf der Flucht ins Landesinnere, wo sie kaum versorgt werden können. Der Einmarsch türkischer Truppen zur Schaffung eines sogenannten ‚Sicherheitszone‘ trägt zu einer enormen Destabilisierung der gesamten Region bei. Die Konsequenzen sind ersichtlich: Es hat bereits Tote gegeben, und die Bewohner der umkämpften Gebiete flüchten um Schutz zu suchen.

In einem Beschluss des Europäischen Parlaments vom 24. Oktober 2019 wird der unilaterale Militäreinsatz der Türkei im Nordosten Syriens aufs Schärfste verurteilt, weil er „einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt, die Stabilität und Sicherheit der gesamten Region gefährdet, weiteres Leid für die bereits schwer vom Krieg gezeichneten Menschen verursacht und der zu einer Massenvertreibung der Zivilbevölkerung führt sowie auch zu einem Wiedererstarken des IS, der nach wie vor eine Bedrohung für Syrien, die Türkei, die gesamte Region und die EU, aber auch weltweit darstellt, beitragen könnte und den Zugang zu humanitärer Hilfe verhindert“. Das Europäische Parlament fordert ein Waffenembargo und Sanktionen.

Die von der türkischen Führung angestrebte Einrichtung einer sogenannten „Sicherheitszone“ zur Unterbringung der syrischen Geflüchteten dürfte bei realistischer Betrachtung kaum den von der UNHCR definierten und international verbindlichen Kriterien für die Rückkehr von Geflüchteten entsprechen. Daher meinen wir: Die Rückkehr von Geflüchteten in ihre Ursprungsgebiete darf nur unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen und freiwillig erfolgen und sie darf die Würde der Menschen nicht verletzen. Eine Rückführung gegen deren Willen – wie von der Türkei anfangs geplant – ist damit nicht vereinbar. Die demographischen Gegebenheiten im multiethnischen und multikonfessionellen Nordsyrien müssen berücksichtigt werden.

Aus diesen Gründen hat die EU bereits erklärt, dass sie keinerlei Hilfen für eine Stabilisierung oder Entwicklung in Gebieten leisten wird, in denen die Rechte der lokalen Bevölkerung nicht geachtet und geschützt werden.

Neben dem Leiden der Zivilbevölkerung und anderen Beteiligten, gilt es auch zu verhindern, dass der in der Türkei und Syrien stattfindende Konflikt in Deutschland und Bremen zu Auseinandersetzungen führt. Friedliche Demonstrationen und Aktionen zur Solidarisierung mit Opfern von Gewalt begrüßen wir. Gerade deswegen gilt zu jeder Zeit, dass in Bremen, Bremerhaven und anderenorts vorgelebt wird, was wir von den Menschen in der Türkei und Syrien erwarten: Ein friedliches und dialogorientiertes Miteinander.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

  1. Die Bürgerschaft (Landtag) verurteilt den völkerrechtswidrigen türkischen Angriff in Nordost-Syrien auf das Entschiedenste und solidarisiert sich mit der betroffenen Zivilbevölkerung.
  2. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert die türkische Regierung auf, einen friedlichen Weg einzuschlagen und das Militär sofort aus Nord-Syrien abzuziehen.
  3. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert die Aufklärung möglicher oder tatsächlicher Kriegsverbrechen durch die zuständigen Gremien der Vereinten Nationen.
  4. Die Bürgerschaft (Landtag) erkennt die Rolle an, die die Türkei als Aufnahmeland für syrische Flüchtlinge übernommen hat. Die Konflikte in der Region müssen – im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht – mit politischen und diplomatischen Mitteln und nicht auf militärischem Wege ausgeräumt werden. Oberste Priorität müssen der Schutz der Zivilbevölkerung und der ungehinderte, sichere und dauerhafte Zugang für humanitäre Hilfe überall in Syrien haben.
  5. Die Bürgerschaft (Landtag) dankt der internationalen Koalition im Kampf gegen den sog. Islamischen Staat. Sie haben Europa und die Welt bedeutend sicherer gemacht.
  6. Die Bürgerschaft (Landtag) begrüßt, dass mehrere Länder, darunter Deutschland, Waffenexporte in die Türkei gestoppt haben und fordert ein EU-weites konsequentes Waffenembargo.
  7. Die Bürgerschaft (Landtag) tritt in Bremen dafür ein, dass jede*r in Bremen mit seiner kulturellen Identität sicher und friedlich leben kann.
  8. Die Bürgerschaft (Landtag) stellt sich an die Seite aller demokratischer Kräfte, die ein Ende des Konflikts fordern.
  9. Die Bürgerschaft (Landtag) steht weiterhin für friedliches und dialogorientiertes Miteinander. Der in der Türkei und in Syrien ausgetragene Konflikt darf auf keinen Fall auf Bremen übertragen werden.

Antje Grotheer, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Dr. Henrike Müller, Sahhanim Görgü-Philipp, Björn Fecker und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Cindi Tuncel, Maja Tegeler, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE